Die Freiheit ruft
Um unsere äußere Freiheit ist es gut bestellt. Wir leben in einem freien Land, können uns frei bewegen, Meinungs- und Glaubensfreiheit sind uns garantiert. So weit, so gut. Wie aber sieht es mit unserer inneren Freiheit aus? Per Definition bedeutet Freiheit einen Zustand, in dem jemand von Lasten, Bindungen oder Verpflichtungen frei ist und sich in seinen Entscheidungen nicht eingeschränkt fühlt1. Was bedeutet das für die eigene Persönlichkeit?
Moderne Unfreiheiten
Das bisherige Leben ist nicht spurlos an uns vorbeigegangen. Viele äußere Faktoren haben auf uns Einfluss genommen, positiv wie negativ. Im Folgenden einige Freiheitsräuber, die sich möglicherweise bei uns eingeschlichen haben:
Prägungen
Wie eine Münze durch einen Stempel, verfügt jeder Mensch über bestimmte Prägungen, die vor allem aus der Kindheit kommen und das spätere Leben beeinflussen. In welche Familienkultur wurden wir hineingeboren? In eine Liebes-Kultur der Annahme, Geborgenheit und Ermutigung oder in eine Leistungs-Kultur? Liebes-Kultur bedeutet, ich bin angenommen und geliebt, so wie ich bin. Leistungs-Kultur bedeutet, Anerkennung und Liebe müssen – bewusst oder unbewusst – durch Leistung verdient werden. Leistungs-Kultur macht uns abhängig von unserem Leistungsvermögen, dem richtigen Verhalten, guten Schulnoten, den passenden Sportergebnissen etc.
Aus der Familienkultur kommen die Prägungen. Typische Prägungen sind Anerkennung durch Leistung oder »Was denken die anderen?« – also eine überzogene Ausrichtung auf die Mitmenschen. Ein Freund von mir, Manager in verantwortungsvoller Position, wurde kürzlich mit einer ernsthaften Erkrankung konfrontiert. Auf meine Frage, was er nach einer Genesung in seinem Leben verändern würde, antwortete er: »Heute wird mir klar, dass ich mein ganzes Leben versucht habe, die Erwartungen anderer zu erfüllen. Ich wurde gelebt und habe versäumt, selbst zu leben. Das würde ich verändern!«
Wer sich seines Potenzials bewusst ist, dieses aber nicht umsetzt, träumt sein Leben. Wer eine starke Position innehat, viel beschäftigt ist, ständig am Limit fährt, dabei aber versäumt, sein Potenzial einzusetzen, der wird gelebt. Je
Festlegungen
Festlegungen sind Lebenslügen, die wie eine Festung in den Gedanken verankert sind. Meistens sind diese sehr allgemein: »Ich bin immer der Dumme« oder »Du wirst es nie zu etwas bringen« etc. Die Begriffe nie und immer sind charakteristisch für Festlegungen.
Vergleiche mit anderen
Wenn wir uns vergleichen, gibt es immer eines von zwei Resultaten: Entweder wir stellen fest, besser als der andere zu sein, das macht uns stolz. Oder wir stellen fest, der andere ist besser als ich, das frustriert. Beides ist destruktiv und macht uns unfrei.
Verletzungen
Kratzer in unserer Seele, Enttäuschungen, gebrochene Versprechen … Je näher die Person, die uns verletzt, desto stärker die negative Wirkung. In einem Interview mit dem Harvard Business Manager erklärt der INSEAD-Professor und Psychologe Manfred Kets de Vries: »Wenn ich die Psyche von Führungskräften studiere, stelle ich meistens folgendes fest: Antriebe, die sie heute noch prägen, gehen oft auf Beziehungsmuster und Erlebnisse aus ihrer Kindheit zurück. Unternehmensführer versuchen, Verletzungen ihres Selbstbewusstseins zu kompensieren, die ihre Eltern ihnen in ihrer Kindheit zugefügt haben.«2
Ängste und Sorgen
Das Wort Angst kommt vom lateinischen angustia und bedeutet einengend. Jede Form von Sorge und Angst beschneidet unsere Freiheit und schränkt uns in unseren Entscheidungen ein.
Leben in der Box
Die Liste ließe sich weiterführen. Alle genannten Faktoren haben in ihrer Konsequenz eines gemeinsam: Sie stecken uns in eine Box. Stellt man sich diese Box bildlich vor, werden die Auswirkungen deutlich: Eine Box begrenzt unseren Aktionsradius, macht uns kurzsichtig (der Blick für das Weite geht verloren) und limitiert uns. Wir bleiben unter unseren Möglichkeiten. Kurz gesagt: solch eine Box macht unfrei.
Aufbruch in die Freiheit
Der Aufbruch in die Freiheit beginnt mit einer Frage: Wo stecke ich in einer Box? Die unfrei machenden Faktoren müssen enttarnt werden, damit wir sie abschütteln können. Freiheit beginnt in uns. Deshalb braucht es einen Veränderungsprozess von innen nach außen. Die Fragen unseres Herzens nach Identität, Selbstwert und Sicherheit brauchen Antworten. Wer bin ich? Warum lebe ich? Woher kommt mein Selbstwert? Was gibt meinem Leben Sicherheit? Zufriedenstellende Antworten auf diese elementaren Fragen finden wir nur in der Beziehung zu dem, der uns geschaffen hat. Wir müssen zurück zur Sinn- und Lebensquelle, das heißt zurück zu Gott, durch Jesus Christus. Diese bewusste Glaubensentscheidung stellt unser ganzes Leben auf ein neues Fundament. Darauf bauen wir, indem wir anhand des Wortes Gottes – der Bibel – unser Denken erneuern. Wir müssen frei werden von falschen Gedanken über uns und lernen, wie Gott uns sieht. Ein praktischer Schritt zu mehr Freiheit ist also der Blick in die Bibel. Verletzungen heilen durch die Vergebung. Das Wort Vergebung kommt vom griechischen amnestia und bedeutet so viel wie begnadigen oder frei geben. Vergebung ist eine Entscheidung und hilft uns, frei zu werden von Lasten, die wir bisher trugen. Die Konsequenzen von Unvergebenheit sind Bitterkeit, Unfreiheit und Energieverlust. Praktisch heißt das, auf einem Blatt Papier die Namen all der Menschen, die uns verletzt haben, zu notieren und ihnen dann zu vergeben.
Schließlich können wir von Ängsten und Sorgen frei werden. Angst ist das Gegenteil von Glauben. Je mehr wir Jesus kennen lernen und verstehen, dass er gegenwärtig ist, desto weniger Grund zur Angst werden wir haben. Ein praktischer Schritt zu mehr Freiheit ist deshalb, im Gebet zu Jesus Christus unsere Ängste beim Namen zu nennen und sie damit an ihn abzugeben. Wir sind einem Verwirrspiel ausgesetzt und brauchen deshalb klaren Durchblick. Was uns die Welt als Freiheit suggeriert, führt tatsächlich in die Unfreiheit. Leben nach dem Lustprinzip, Schrankenlosigkeit und das permanente Drehen um uns selbst nimmt uns gefangen. Was die Welt dagegen als unfrei deklariert, nämlich leben in der Beziehung zu Gott und in den göttlichen Ordnungen, führt tatsächlich in die Freiheit. Jesus Christus ist der Weg in die Freiheit. Die Freiheit ruft. Wie antworten wir?
______________________________
1 www.duden.de
2 Manfred F.R. Kets de Vries, ‘Chefs auf die Couch’, HBM 02/2006